Ärztezentrum Rüfenacht: Notwendige Investition oder fragwürdige Bevorzugung?

Ein Ärztezentrum für Rüfenacht ist wichtig – doch soll die Gemeinde es finanzieren? Die Sozialbehörde schlägt ein Darlehen vor, doch bleibt die Frage: Darf die Gemeinde private Unternehmen bevorzugen? Entscheidend ist, dass Rüfenacht gut versorgt bleibt – aber auf fairem Weg.

Als Mitglied der Sozialbehörde wurde ich an unserer ersten Sitzung im Jahr 2025 mit der Machbarkeitsanalyse für ein Ärztezentrum in Rüfenacht konfrontiert. Diese Analyse der Firma PraxaMed Center AG schlägt vor, in Rüfenacht ein Ärztezentrum analog der Praxis am Sternenplatz in Worb zu realisieren. Dr. Lukas Gerber, der seine Hausarztpraxis in Rüfenacht führt, hat sich bereit erklärt, an diesem Projekt mitzuarbeiten. Es ist mir wichtig, dass Rüfenacht eine gute ärztliche Versorgung erhält und vor allem behält. Vor allem ein Kinderarzt wird dringend benötigt. Durch dieses Projekt würden neue Ärzte nach Rüfenacht kommen, was den Fortbestand einer Praxis sichern würde.

Die Analyse hat auch bereits einen Raum für die Praxis gefunden. Die Firma contractbau, welche die Analyse in Auftrag gegeben und vorfinanziert hat, baut in Rüfenacht eine neue Überbauung «zur alten Linde», die auch Geschäftsräume beinhaltet. 

Aber warum wird der Sozialbehörde diese Machbarkeitsstudie vorgelegt? Nun, die Antwort ist einfach. Von der Gemeinde wünscht man sich eine Finanzierung des Vorprojekts, um die nächsten Schritte bis zur Realisierung zu sichern. Mein Standpunkt dazu: Sicherlich ist es im Interesse einer Gemeinde, eine gute Gesundheitsinfrastruktur zur Verfügung zu stellen, aber ich frage mich, ob sie hier so stark in die Privatwirtschaft eingreifen muss. Die Nachfrage nach guter Gesundheitsversorgung ist da, das Projekt vielversprechend und breit abgestützt, warum also noch Geld geben? Zudem, was ist mit anderen Unternehmen in der Gemeinde, einer Apotheke oder einer Drogerie, diese könnten sich zu Recht benachteiligt fühlen.

Unsere Kommission kritisiert, dass die Gemeinde Worb das Projekt ohne Rückzahlung (à fonds perdu) finanziert, während die Gewinne an andere Stellen fliessen. Wir empfehlen deshalb, das Projekt in Form eines Darlehens mit marktüblichen Zins- und Rückzahlungsbedingungen zu finanzie­ren. 

Das geht mir persönlich aber noch zu wenig weit. Die Gemeinde agiert hier als Bank in Form eines Darlehensgebers an eine private Institution. Natürlich zu marktüblichen Zinsen, was den ohnehin stark belasteten Finanzhaushalt glücklicherweise nicht noch mehr belastet. Aber die Gemeinde möchte hier bestimmte Kreise gegenüber anderen Unternehmen bevorzugen, was ich persönlich nicht gutheissen kann.

Spannend an dieser Stelle ist, dass man damals beim Bau der Praxis am Sternenplatz genau so vorgegangen ist und ein Darlehen à fonds perdu gewährt hat, dies aber nie der Sozialbehörde zur Prüfung vorgelegt wurde. Ich frage mich hier warum.

Bei allen Verstrickungen zwischen Gemeinde und Privaten darf nicht vergessen werden, dass es für Rüfenacht gut ist, wenn eine neue Gemeinschaftspraxis entsteht. Unser Wunsch ist, dass Kinderärzte, Kinderpsychiater und Allgemeinmediziner bevorzugt werden, weil das der Wunsch der Bevölkerung ist.

Thomas Gasser